“Meet Your Prof” mit Prof. David Seidl, PhD
August 25, 2025 2025-08-25 22:07“Meet Your Prof” mit Prof. David Seidl, PhD
1. Wollten Sie schon immer Studenten dozieren oder ergab es sich mit der Zeit?
- Das hat sich erst so ergeben. Ich habe nach dem Bachelorstudium einfach immer weiterstudiert (bis man mir eine Professur angeboten hat), um nicht die Nachfolge in dem Familienbetrieb meiner Grosseltern antreten zu müssen. Am Ende musste das dann mein (viel jüngerer) Bruder machen, der etwas weniger geschickt war, sich der Verantwortung zu entziehen…
- Ich wollte eigentlich immer nach Griechenland ziehen und Archäologe werden.
- Ich lehre Organisation, und wie alle Dozierenden denke ich, dass mein Fach das wichtigste und spannendste ist – nur bei meinem Fach stimmt das auch. Ich denke, Studierende werden an dem Fach besonders schätzen, dass ihnen mein multi-disziplinärer Ansatz, der sich unter anderem aus der Soziologie, Philosophie, Systemtheorie und Sozialpsychologie bedient, einen kritischen Blick auf die Mainstream-Lehre vermittelt, welcher es ihnen erlaubt, Gewohntes zu hinterfragen und vollkommen neu zu erleben.
- Als Student war ich recht naiv. Ich habe einfach gelernt, was mir vorgelegt wurde, ohne mir darüber hinausgehende Gedanken zu machen. Erst später habe ich verstanden, dass all die Theorien nur Erklärungsversuche sind – zu denen es immer zahlreiche Alternativen gibt. Sehr spät begann ich, mir Gedanken darüber zu machen, wie es dazu kam, dass bestimmte und nicht andere Theorien entstanden sind. Erst da habe ich verstanden, wie wir durch unsere Theorien unsere Welt konstruieren – und dass wir diese Konstruktionen nicht einfach übernehmen müssen, sondern selbst daran mitwirken können. Wenn man das verstanden hat, wird die Auseinandersetzung mit und das Lernen von Theorien viel spannender.
- Ein Student hat meine Vorlesung 13 Wochen lang besucht, ohne zu merken, dass er in der falschen Veranstaltung sitzt.
- Wenn Sie meine Kinder nach meinem Hobby fragen würden, würden sie antworten: Telefonieren – nicht gerade das beste, aber eines der unterhaltsamsten Hobbys.
- Kritisch formuliert sind sie „weder Fisch noch Fleisch“, denn sie sind ein Zwitter zwischen Lernfolien und Vorlesungsfolien. Ein Grundproblem von Vorlesungsfolien ist, dass sie zwei verschiedene Funktionen erfüllen müssen: Zum einen sollen sie das, was ich in der Vorlesung mündlich sage, unterstützen. Dafür ist es wichtig, dass sie nicht zu textlastig sind, damit die Studierenden nicht in ihrer Aufmerksamkeit vom gesprochenen Wort abgelenkt werden. Zum anderen sollen die Folien aber auch eine gute Lernbasis bieten. Dafür ist es wichtig, dass der Text möglichst ausführlich und selbsterklärend ist – was im Widerspruch zur ersten Funktion steht. Eigentlich bräuchte man zwei verschiedene Foliensätze: einen für die Vorlesung und einen zum Lernen. Aber das wäre für die Studierenden zu kompliziert, denn sie machen sich ja meist Notizen direkt auf den Vorlesungsfolien, die sie dann irgendwie mit den Lernfolien synchronisieren müssten.
- Absolut! Der Hörsaal HAH-E03 am Häldeliweg. Ein echter Bunker ohne Fenster; er tötet zuverlässig jede Begeisterung für die Vorlesung.
- Ungemein sympathisch, hochintelligent, extrem bescheiden
- Einführung eines verpflichtenden Auslandssemesters im Bachelorstudium – mit entsprechender Unterstützung durch die Studienprogrammplanung und -beratung.